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Projekt Altmarkcamp – Ergebnisse der Projektarbeit und Handlungsempfehlung zum Umgang mit schuldistanzierten Jugendlichen

RegionAltmarkkreis Salzwedel
HandlungsfeldSchule und Elternarbeit
ZielgruppeSchuldistanzierte Jugendliche der 7. und 8. Klassen im Altmarkkreis Salzwedel (Projekt), Projektpartner*innen und Mittelgeber*innen (Projektbericht)
Projektlaufzeit01. März 2019 – 31. Juli 2021

Im „Unternehmen“ bin ich ziemlich unbeliebt und werde von „Kollegen“ auch schon mal gemobbt. Vielleicht, weil meine Leistungen oftmals „mangelhaft“ oder „ungenügend“ sind und ich mehr Unterstützung benötige, wodurch ich andere „von der Arbeit“ abhalte. Zuhause läuft es ebenfalls bescheiden. Hier kämpfe ich gegen Armut, Sucht und Gewalt – meine „Mitbewohner“ haben längst aufgegeben und auch ich stehe kurz vor der Kapitulation. Selbst für meinen „Chef“ bin ich ein Dorn im Auge und wenn ich nicht da bin, läuft es für alle besser. Entlassen kann er mich nicht und ich wiederum kann nicht kündigen – Warum? Weil mein „Unternehmen“ die Schule ist.

Das Projekt Altmarkcamp ermöglichte schuldistanzierten Schüler*innen der 7. und 8. Klassen die kostenfreie Teilnahme an zweiwöchigen Sommercamps im Erlebnishaus Altmark in Zethlingen. Diese Zeit nutzten die Jugendlichen unter anderem für gemeinsame Exkursionen, die Teilnahme an Workshops, die Planung und Umsetzung eigener Projekte sowie das begleitete Schreiben von Online-Blogs. Inhaltlich wurden dabei die Themen Berufsorientierung, Selbstentwicklung und die Sozialisierung in Gemeinschaften zwanglos vermittelt. Auf den sogenannten Abschluss-Festivals der Camps stellten die jungen Erwachsenen die Ergebnisse ihrer Arbeiten Eltern und Lehrer*innen vor. Anschlussmodule, die eine Weiterarbeit in den Schulen ermöglichen, dienten der Verbindung von außerschulischen sowie schulischen Räumen und Erlebnissen. Ziel ist die Reintegration schuldistanzierter Jugendlicher in den Schulbetrieb oder anders gesagt: Die Einhaltung der Schulpflicht ohne Zwang.

Empfehlungen und Grenzen in der Projektarbeit mit schuldistanzierten Jugendlichen

Die Gesamtergebnisse der über zwei Jahre geleisteten Projektarbeit werden in einem Handlungsleitfaden dargestellt. Dieser gibt neben Erläuterungen zu Ursachen und Hintergründen von Schulabsentismus auch Handlungsempfehlungen im Umgang mit schuldistanzierten Jugendlichen.

Der Ortswechsel und das dadurch veränderte „Setting“, so die Autor*innen des Berichts, seien für Projektarbeiten mit Jugendlichen empfehlenswert. Wichtig bei dieser neuen Umgebung sei allerdings, dass sie den Jugendlichen positive Gruppen- und Lernerfahrungen ermögliche, die mit Erfolgserlebnissen einhergehen. Dadurch könnten sich die im Schulalltag sonst weniger erfolgreichen Schüler*innen ihrer vorhandenen Kompetenzen bewusstwerden und sich als selbstwirksame Akteure erleben. Das Training von Kommunikations-, Konflikt- und Teamfähigkeit sei dabei eine grundlegende Voraussetzung für die erfolgreiche Projektarbeit mit der Zielgruppe. Diese drei Kompetenzen seien zum einen wesentlich für das Berufs- und Arbeitsleben, zum anderen zeigten sich hier die häufigsten Probleme. Darüber hinaus sei das Formulieren von persönlichen Zielen unabdingbar, um einen individuellen Projekterfolg zu generieren.

Der Bericht zeigt auch, dass für die Arbeit mit schuldistanzierten Jugendlichen eine feste Tagesstruktur förderlich ist, in denen sportliche Aktivitäten und selbstständige Arbeitsphasen durch freiwillige Hilfsangebote flankiert werden. Durch eine Ansprache, die schultypische Begriffe und Vorstellungen vermeidet, da diese bei den Jugendlichen negativ besetzt sind, konnten diese zudem einfacher zur Mitwirkung motiviert werden. In diesem Zusammenhang wird auch darauf verwiesen, dass das Thema Berufsorientierung nicht explizit als solches in Erscheinung treten sollte, wenn es von schuldistanzierten Jugendlichen angenommen werden soll. Damit geht auch die Erfahrung einher, dass Ansprechpersonen, die ebenfalls weder aus den Schulen noch den Elternhäusern stammen, in kürzester Zeit eine vertrauensvolle Arbeitsatmosphäre herstellen können. Eine überraschende Beobachtung hingegen war, dass der eingesetzte Fahrdienst nicht nur zur Überbrückung von längeren Strecken im ländlichen Raum genutzt wurde. Die Fahrtzeiten wurden von den Jugendlichen zur unkomplizierten Thematisierung von Problemen genutzt. 

Netzwerk

Sowohl das Projekt, als auch der Handlungsleitfaden wurden vom BVH - Bildungsverbund Handwerk Gesellschaft für angewandte Bildung und Sozialforschung mbH umgesetzt. Als Fördermittelgeber des Projekts sind der Europäische Sozialfonds, die Agentur für Arbeit Stendal sowie der Altmarkkreis Salzwedel zu nennen. Die RÜMSA Koordinierungsstelle des Altmarkkreises Salzwedel betreute das Vorhaben und fungierte als „vermittelnde Institution“ zwischen dem Projekt und Schulen sowie Lehrer*innen. 

Publikationen

Bildungsverbund Handwerk Gesellschaft für angewandte Bildung und Sozialforschung mbH (Hg.) (2020): Projekt Altmarkcamp. Ergebnisse der Projektarbeit und Handlungsempfehlungen zum Umgang mit schuldistanzierten Jugendlichen. (Zugriff: 9. November 2021)

Das Projekt wird aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds und des Landes Sachsen-Anhalt gefördert.