Projekt Jugendhäfen
Region | Saalekreis |
Handlungsfeld | Ansprache und Teilhabe, Ausgleich der sozialen Benachteiligung |
Zielgruppe | vom Sozialsystem abgewandte Jugendliche |
Zeitraum | 1.August 2019 bis 30.Juni 2022 |
Verloren auf hoher See?
Viele Menschen waren schon einmal ratlos, wie es mit ihrem Leben weitergehen soll. Oft überkommt uns dieses Gefühl der Orientierungslosigkeit in der Lebensphase zwischen Jugend und Erwachsensein. Hier verschwinden die haltgebenden Leitplanken der Kindheit, die andere für uns gebaut haben. Junge Menschen bewegen sich in dieser Zeit im Spannungsfeld zwischen vielfältigen Möglichkeiten und Herausforderungen im Bildungssystem sowie der Suche nach einer beruflichen Ausbildung und neuen Wegen für das persönliche Leben. Was für die einen die große Freiheit verspricht, lähmt die anderen in ihrer Handlungsfähigkeit. Dabei gilt: „Wer nach keinem bestimmten Hafen steuert, dem ist kein Wind günstig." (Michael Montaigne, 1793), d.h. wer kein bestimmtes Ziel verfolgt, der weiß nicht, was er als Nächstes tun soll.
Ein sicherer Hafen
Das Projekt Jugendhäfen bietet sich in solchen Fällen als Ersatzhafen und Ankerplatz an, den junge Menschen zwischen 15 und 24 Jahren ansteuern können. Hier gilt: „Nicht der Wind, sondern das Segel bestimmt die Richtung“ (chinesisches Sprichwort). Der Wind, das sind die äußeren Einflüsse, die wir nur schwer ändern können. Die Jugendhäfen konzentrieren sich daher auf die „Segel“ der Jugendlichen. Das Segel steht metaphorisch für das stärkenorientierte Handeln selbst unter schwierigsten Einflüssen.
In stürmischen Zeiten kann hier das Segel eingeholt und geflickt werden. Die Jugendlichen erhalten einen Raum zum Chillen oder für vertrauliche Gespräche. Hier können sie sich einen Imbiss machen, in einer kleinen Werkstatt etwas reparieren, duschen oder Wäsche waschen. Auch ein Notschlafplatz für jeweils eine junge Frau und einen jungen Mann stehen zur Verfügung.
Die Sturmruhe kann ebenso dafür genutzt werden, den Kurs neu zu bestimmen. Pädagogische Mitarbeiter*innen greifen den Jugendlichen mit niedrigschwelligen Aktivierungs- und Orientierungsangeboten unter die Arme. Gemeinsam wird darauf geschaut, welche Optionen und Ressourcen vorhanden sind und wohin die Reise gehen soll und kann. Ziel des Projekts ist es zunächst einmal, das Vertrauen der Jugendlichen ohne Gängelei zurückzugewinnen. Im weiteren Kontaktverlauf werden Zukunftsperspektiven entworfen, die zurück in das Sozialleistungssystem oder sogar weiter in das Bildungs-, Ausbildungs- und Arbeitsmarktsystem führen.
Hat sich der Sturm erst einmal beruhigt und ist der neue Kurs bestimmt, können die Segel wieder gesetzt werden. Auch dabei möchte das Projekt unterstützen. Sowohl am festen Standort des Jugendhäfen-Cafés in Merseburg als auch im geplanten mobilen Jugendhäfen-Bus besteht die Möglichkeit, Laptop und Drucker zu nutzen, um etwa Formulare auszufüllen oder Bewerbungsunterlagen zu erstellen.
Würden in den Jugendhäfen Shanties (Seemannslieder) gesungen, folgender Liedtext stünde wohl stellvertretend für die dortigen Bemühungen:
Oh, but don't, no, don't sink the boat
That you built, you built to keep afloat
Oh no, don't, no don't sink the boat
That you built
(Flogging Molly (2008): Float. Los Angeles: Sideonedummy Records.)
Deutsche Übersetzung:
Oh, aber versenke nicht, nein, versenke nicht das Boot
Das du gebaut hast, du gebaut hast, um über Wasser zu bleiben
Oh nein, nein, nein, versenke nicht das Boot
Das du gebaut hast