Projekt CARL – Rückenwind für CareLeaver
Region | Altmarkkreis Salzwedel |
Handlungsfeld | Ausgleich der sozialen Benachteiligung |
Zielgruppe | CareLeaver und Akteure, die mit ihnen arbeiten |
Start | 1. Mai 2020 |
Das Projekt in Kürze
Das Projekt "CARL" richtet sich an die Zielgruppe der sogenannten "CareLeaver" (engl. Care/Hilfe, to leave/verlassen). Der Begriff bezeichnet junge Menschen, die bis zum Erreichen des 18. Lebensjahrs durch stationäre Angebote der Kinder- und Jugendhilfe (Wohngruppen, Erziehungsstellen, Pflegefamilien oder anderen Betreuungsformen) begleitet werden und deren Übergang in ein eigenständiges Leben unmittelbar bevorsteht.
Die Akteure des Projekts stehen den jungen Erwachsenen beim Ablösungsprozess aus der bisher betreuenden Einrichtung oder Pflegefamilie beratend zur Seite und helfen dabei, die damit einhergehenden Umstellungen zu verarbeiten. Die Stärkung von Selbstorganisation und -wirksamkeit erleichtert den jungen Menschen eine vollwertige Teilhabe am gesellschaftlichen Leben. Dazu gehört, wie bei anderen Gleichaltrigen auch, die Aufnahme einer Ausbildung oder eines Studiums. Ein wichtiges Anliegen des Projekts ist es daher, Ausbildungsabbrüche zu vermeiden, die zu einer erneuten Abhängigkeit von staatlicher Fürsorge führen könn(t)en.
Wege zur Selbstfürsorge - auch in Pandemiezeiten / Brücken in die Selbstständigkeit bauen
In den Beratungsgesprächen werden die jungen Erwachsenen an der Einschätzung ihrer bereits vorhandenen und für ein selbstständiges Leben notwendigen Kompetenzen beteiligt. Diese finden - auch während der Corona-Pandemie - unter Berücksichtigung der Hygieneauflagen - vor Ort statt. Gemeinsam werden die eigenen und beanspruchbaren Ressourcen reflektiert sowie mögliche Wege in ein selbstbestimmtes Leben erarbeitet. Ziel der Mitarbeiter*innen von CARL ist es, die inneren und äußeren Bedingungen der CareLeaver so aufzustellen, dass Brüche auf dem Weg in das Erwachsenenleben überbrückt werden können – und die sind oft zwangsläufig. Oft fehlt es an einem stabilen Hintergrund, wie privaten Netzwerken, familiärem Rückhalt oder auch genügend materiellen Ressourcen. So scheitern diese jungen Volljährigen aufgrund der biografischen Belastungen an den Übergangsanforderungen. Um weiterhin Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch VIII oder/und andere Leistungen zu erhalten, stehen sie zudem vor veränderten rechtlichen Voraussetzungen.
Auch hier versteht sich CARL als Brückenbauer, indem das Projekt die aktuelle Situation der Jugendlichen sachkompetent einschätzt und an die richtige Stelle zur Bearbeitung des Anliegens verweist.
Hilfe in der Not / Leuchtturm in stürmischer See
Welche Bedeutung das Projekt für die jungen Menschen, mit dem es zusammenarbeitet, hat, zeigt folgende Geschichte (Details wurden zum Schutz der persönlichen Daten geändert) exemplarisch: Ein junges Paar zieht in die Großstadt. Mittlerweile erwartet es ein Kind und gerät jedoch zur selben Zeit in die Obdachlosigkeit. In ihrer verzweifelten Lage besinnen sich die werdenden Eltern an ihre Zeit in der stationären Jugendhilfe zurück, in der sie Mitarbeiter*innen von CARL kennengelernt haben. Mit Unterstützung des Projekts gelingt es, die junge Familie zurück in ihre Heimat zu holen und in einer Wohnung unterzubringen. Begleitend setzt sich das Projekt dafür ein, dass der Familie eine Erziehungshilfe zur Seite gestellt wird, um dem Nachwuchs einen guten Start in das Leben zu ermöglichen.
Eine Stimme für CareLeaver / Vor Ort nah dran
Das Projekt versteht sich darüber hinaus als Multiplikator der Lebenwirklichkeiten von CareLeavern. Es zeigt, dass personelle Kontinuität in der rechtkreisübergreifenden Zusammenarbeit ein notwendiger Faktor ist, um Vertrauen aufzubauen. Ein höheres Vertrauen geht mit einer größeren Offenheit gegenüber Angeboten und Maßnahmen seitens der jungen Menschen einher. Den Herausforderungen eines weitläufigen ländlichen Raums mit eher schwacher Verkehrsinfrastruktur begegnet das Projekt mit Forderungen nach mehr Beratungsräumen an Schulstandorten. Verringerter Mobilitätsaufwand und bekannte Orte erhöhen die Bereitschaft von jungen Menschen, Beratungen und Hilfsangebote in Anspruch zu nehmen. Digitale Anlaufstellen können die ortsgebundenen Beratungsstellen ergänzen, ersetzen das persönliche Gespräch in vertrauensvoller Atmosphäre jedoch nicht. Erfahrungen der Projektmitarbeiter*innen zeigen zudem, dass die aufsuchende Zusammenarbeit mit und in den stationären Einrichtungen der Jugendlichen die besten Resultate bringen. CareLeaver zum Gespräch aktiv einladen und die Tür für spontane Gesprächsbedarfe offenhalten, scheint daher der Königsweg zu sein.